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Dresdens Börsenkandidat

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Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an, das weiß Thibaud Le Séguillon. Nichts überstürzen beim Börsengang. Der französische Manager in Diensten der Dresdner Heliatek GmbH kam vor sieben Jahren nach einem Headhunter-Anruf nach Sachsen. Seitdem hat er erfahren, dass Finanzierungsverhandlungen sich verzögern können und dass eine Fabrik unter völlig anderen Bedingungen läuft als eine Pilot-Anlage. Deshalb will der 52-jährige Ingenieur am liebsten nur stückweise über das geplante Wertpapier sprechen. Nächstes Jahr wird es jedenfalls noch keine Heliatek-Aktien zu kaufen geben, 2020 könnte es so weit sein.

Banken und Anwaltskanzleien wird Le Séguillon bis dahin benötigen, um das „Initial Public Offering“ (IPO) vorzubereiten, das erste öffentliche Angebot. Doch zuvor will Heliatek noch als GmbH eine fünfte und letzte geschlossene Finanzierungsrunde beginnen, das „Pre-IPO“. Das Ziel: Geld von Investoren einsammeln, um die Produktion auszuweiten. Eine Produktion, die erst Mitte kommenden Jahres beginnen wird. Denn noch setzen Monteure in Dresden-Mickten die schwere Anlage zusammen, die künftig 1,20 Meter breite Kunststofffolien im Vakuum beschichten wird. „No photo“, bittet der Franzose, der im Geschäftsleben Englisch spricht und Deutsch schwierig findet.

In der Anlage entsteht fast wie in einer Druckerei von Rolle zu Rolle eine blaue oder grüne Solarfolie. Jeder Quadratmeter Folie soll bis zu 85 Watt Strom liefern. Das ist zwar deutlich weniger als bei Fotovoltaik-Modulen aus Silizium, doch dafür liefern die Folien auch bei schwachem Licht Strom und sollen auch bei Hitze nicht nachlassen.

20 Jahre Garantie gibt der Hersteller auf den PET-Kunststoff – der sei nicht zu vergleichen mit Plasteflaschen. Den Hauptvorteil aber beschreibt Le Séguillon besonders gern, wenn er nach den Marktchancen seines Produkts gefragt wird: Die Folien sind leicht und lassen sich auf Blechdächer kleben oder mit Betonwänden verbinden. Im Werbefilm zeigt Heliatek auf seiner Internetseite, wie Arbeiter flink eine Solarbahn auf einem flachen französischen Schuldach ausrollen, die Schutzfolie abziehen und den langen Aufkleber andrücken. Die Leitungen werden in einem Kabelkanal gebündelt, ohne dass jemand Löcher ins Dach bohrt. Der Firmenchef schwärmt vom riesigen Markt, den Hafengebäude und Flughafenhallen bieten könnten. Einer der Heliatek-Geldgeber, die RWE-Tochter Innogy, verkaufe die Folie schon an Kunden.

BMW-Erbe Quandt ist beteiligt

Noch liefert Heliatek schmale Folien aus der Pilot-Anlage in Dresden. Der Umsatz mit den Mustern lag voriges Jahr unter einer Million Euro. Bisher musste das Unternehmen laut Le Séguillon „schnell, kreativ und flexibel“ sein. Erst im nächsten Jahr mit der ersten richtigen Produktionsanlage wird Heliatek zur Fabrik mit festen Abläufen, mit jeweils sechs Tagen Produktion, einem Tag Wartung. Eine Million Quadratmeter Solarfolie pro Jahr, das ist das Produktionsziel für die neue Anlage. Kommt sie in Dresden richtig ins Laufen, will der Firmenchef zehn baugleiche Anlagen errichten lassen – an verschiedenen Orten. Interesse gebe es auf der ganzen Welt. Mit der Stadt Dresden sei er in Vorgesprächen für eine mögliche Erweiterung des Werkes, sagt Le Séguillon. Für die erste Produktion reicht die vorhandene Halle gerade aus. Sie wurde ursprünglich für den Computer-Hersteller Schäfer-IT gebaut. Noch teilt sich Heliatek das Gelände mit dem Gehäusehersteller Coool Case, der nächstes Jahr in einen Neubau umziehen möchte.

Freilich weiß Le Séguillon, dass viele Hersteller von Fotovoltaik-Technik in den vergangenen Jahren aufgeben mussten. Solarworld ist insolvent. Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus in Dresden hat ein Insolvenzverfahren erlebt, produziert jetzt doppelt verglaste Module samt Akku für Eigenheimbesitzer und äußert sich nur positiv zu den Heliatek-Plänen. Die richten sich an einen anderen Markt: an die Baubranche mit großen Projekten. Allerdings haben Solarwatt und Heliatek denselben Mitbesitzer: die Beteiligungsgruppe Aqton des BMW-Erben Stefan Quandt. Quandt und ein elfköpfiger Beirat sind es, die über die Börsenpläne entscheiden, sobald der Markt günstig erscheint. Der Manager und sein Team bereiten die Details vor – die Entscheider aber sind Vertreter von BASF Venture Capital, dem französischen Energiekonzern Engie und weiteren Beteiligungsgesellschaften. Schon 2010 hat Heliatek ein Programm mit „virtuellen Aktien“ zur Mitarbeiterbeteiligung eingeführt. Noch hat nicht jeder Mitarbeiter davon gehört, es geht dabei um insgesamt 77 000 Euro.

Ein Milliardenmarkt und mehr als 1 000 Mitarbeiter in zehn Jahren, dieses Ziel hat Le Séguillon vor Augen. Doch noch hat Heliatek 120 Beschäftigte und will bis nächsten März 50 zusätzliche einstellen. Auf der Internetseite stehen Angebote für Maschinenbediener, Techniker und Ingenieure. Der Chef weiß, dass er Heliatek noch bekannter machen muss. Doch er glaubt, dass ein leichtes Solarprodukt ohne Schwermetalle nicht nur Käufer begeistern wird – sondern auch junge Leute auf Jobsuche und bald vielleicht Aktionäre.

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von factum
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